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Politik und Finanzkrise:

Bankenkrise

Mindestlohn

Oskar Lafontaine


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitbürger

man könnte sagen, es ist schon fast vollbracht: Nach Jahren des Sinnierens hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt: Die Hartz-IV-Regelsätze sind verfassungswidrig. Wir werden dem Gericht eine zweite entscheidende Frage stellen: Ist es grundgesetzkonform, dass Mitbürger nur deshalb zu Hartz-IV-Empfängern werden, weil der Staat ihnen von ihrem Lohn mehr abnimmt, als sie selbst zum Leben (auf niedrigstem Niveau) benötigen? Für uns, und wir glauben, für alle ehrlich und klar denkenden Mitbürger, kann die Antwort nur sein, dass dieser Zustand, wie er heute im Sozialversicherungsrecht noch herrscht, eindeutig gegen das Grundgesetz verstößt. Kein Bürger darf allein DURCH die staatlichen Abgaben unter die Existenzgrenze gedrückt werden! Das Verfahren für die von uns angestrebte Verfassungsklage ist jetzt nach fast anderthalbjähriger Vorbereitung endlich eingeleitet, damit die politisch zu verantwortende Verarmung von Familien und Niedrigverdienern durch das Sozialversicherungsrecht bald endet: Das (Familien)-Existenzminimum ist im Steuerrecht von allen Abgaben befreit - im Sozialversicherungsbeitragsrecht werden hingegen 41%-SV-Beiträge vom Lohn bei den Arbeitnehmern abgezogen, auch vom Existenzminimum. So wird bei den "abhängig" Beschäftigten aus guten Bruttolöhnen oft genug ein Netto-Armutslohn. 30.000 Euro Gesamtlohn bedeuten 20.000 Euro nach SV-Abgaben - egal wie groß die Familie ist.

Entsprechend dem juristisch notwendigen Prozedere hat eine Berliner Familie bei ihren Krankenkassen (diese sind die Einzugsstelle der SV-Beiträge) einen Antrag auf eine methodisch verfassungskonforme Berechnung der Sozialbeitragspflicht (pdf Dokument) eingereicht. Die beiden Gesetzlichen Krankenkassen, (BKK Bahn und die BKK VBU), haben diesem Antrag wie erwartet widersprochen, so dass wir gegen diesen Bescheid Beschwerde einlegen können - gegen die Verletzung der Grundrechte Art. 1,2,3 und 6 GG und des SGB 1 Art. 1 . Darüber hinaus haben wir im Dialog mit einigen exponierten Mitgliedern des Deutschen Bundestages die Einschätzung der Volksvertreter zu diesem Thema erfragt - und teilweise sehr zustimmende, teilweise aber auch völliges Unverständnis zeigende Antworten aus allen Parteilagern erhalten:
-Linke: Oskar Lafontaine, Gregor Gysi
-Grüne: Markus Kurth
-FDP: Jörg Rohde
-CDU:Ministerpräsident Dieter Althaus, Thüringen
-SPD:Angelika Krüger-Leißner
Weitere Statements von Abgeordneten des Bundestages finden Sie in der rechten Spalte.

Neben der verfassungsrechtlichen Frage steht ebenso die ökonomische Zukunft der Bundesrepublik zur Debatte: Die derzeitigen Verwerfungen auch auf den deutschen Finanzmärkten sind u.a. auch eine Folge der einseitigen Ausrichtung unserer Volkswirtschaft auf den Export (von Waren, und wie sich jetzt zeigt ebenso von Hunderten Milliarden Euro, die niemals wieder nach Deutschland zurückfließen werden.) Das jetzt von der Politik geplante Rettungsmodell für die fehlspekulierenden Banken folgt dem Motto "die kleinen (Leute) lässt man zahlen und die großen (Zocker) lässt man laufen".

Als Grundsatz in einer demokratischen Arbeitsgesellschaft muss gelten: Arbeit muss sich lohnen - sowohl für Arbeitnehmer und auch für Arbeitgeber.

41% Sozialversicherungs(zwangs-)abgaben auch auf das Existenzminimum sind in der globalisierten Welt jenseits aller ökonomischen Vernunft - und widersprechen in ihrer Wirkung der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland!

Um Verfassungsmäßigkeit und ökonomische Vernunft wiederherzustellen, muss in Deutschland die Systematik der staatlichen Abgabensetzung grundlegend modernisiert werden - sowohl im Sinne einer ökologischen, aber eben auch einer ökonomisch sinnvollen und sozial gerechten Ausgestaltung von Steuer- und Abgabensystemen.

Der vernünftige Staat darf seinen Bürgern in Zeiten globalen Wirtschaftens keine Abgaben auferlegen weil sie einer Arbeit nachgehen, sondern nur, wenn sie mit dieser Arbeit wenigstens ihre eigene Existenz bestreiten können. Dies ist wichtig, weil sonst (deutsche) Arbeitsplätze gegenüber Niedriglohnländern (allein durch die falsche Abgabensetzung) in ihrer Konkurrenzfähigkeit benachteiligt werden.

Die heutige SV-Abgabenmethode hat wesentliche Merkmale einer sozial ungerechten und makroökonomisch kontraproduktiven Kopfsteuer. Sie wirkt mit steigender Kinderzahl direkt verarmend und vernichtet zudem massenhaft Arbeitsplätze in Deutschland.

Die Bundesregierung verpflichtet die sozialversicherungspflichtigen Bundesbürger, über 400 Mrd. Euro Sozialversicherungsbeiträge von Lohn und Rente abzuführen. Fast 200 Mrd. Euro davon werden durch die verfassungsrechtlich kritische Belastung der Existenzminima (auch der Familienangehörigen der Arbeitnehmer) erhoben.

Als Unabhängige Wählergemeinschaft Pankow werden wir gegen die Sozialbeitragspflicht auf das selbstverdiente Existenzminimum Verfassungsbeschwerde einlegen - bitte unterstützen Sie unsere Initiative soweit es in Ihrer Möglichkeit liegt, in Parteien, Verbänden und Parlamenten, im Gespräch mit Freunden und Kollegen oder sogar mittels finanzieller Unterstützung:

Die generelle Freistellung des Existenzminimums von SV-Beiträgen ist verfassungsrechtlich zwingend geboten (wie es für die nicht SV-pflichtigen Besserverdienenden mit den steuerrechtlichen Grundfreibeträgen längst gilt) und ökonomisch überfällig in der globalisierten Wirtschaft (wie z.B. in Dänemark oder Großbritannien längst der Fall).
Für alle Bundesbürger!


Die verletzten Grundrechte:

Die derzeitige Belastung des Existenzminimums verletzt mehrere durch die Verfassung garantierte Grundrechte: Das Recht auf Selbstbestimmung (Art. 2 GG), das allgemeine Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) und den Schutz der Familie ( Art. 6 GG ).
Die grundsätzliche Freistellung des Existenzminimums im Steuerrecht wurde exakt aus diesen Gründen vom Verfassungsgericht bereits im Jahr 1992 für rechtsverbindlich erkannt.
Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1992 zum steuerrechtlichen Grundfreibetrag.
Wikipedia: Grundfreibetrag

Eine eindeutige Trennung zwischen Steuersystem und Sozialversicherungssystem besteht heute nicht mehr (80 Mrd. Euro Steuergelder sind beispielsweise im Rentenversicherungssystem eingestellt). Auch daher werden unserer für dieses Jahr geplanten Verfassungsklage von seiten ehemaliger Verfassungsrichter am Bundesverfassungsgericht gute Erfolgsaussichten beigemessen.


Was sind die Folgen der angestrebten Änderungen?

  1. das Existenzminimum, das heute bereits steuerfrei gestellt ist, würde ebenfalls von Sozialversicherungsbeiträgen freigestellt werden müssen.

Vorteile für den Arbeitnehmer:

  1. der Arbeitnehmer hat die gleiche soziale Absicherung wie heute und muss trotzdem für die ersten 800 Euro keine SV-Beiträge in Höhe von 400 Euro abführen. Seine Konkurrenzfähigkeit würde, auch im internationalen Kontext (siehe Nokia Bochum und Siemens/BenQ), deutlich erhöht.
    Ein dann auch ökonomisch tragbarer allgemeiner Mindestlohn von 6 Euro brutto würde bei einer 40-Stundenwoche bereits einen Nettolohn von über 930 Euro bedeuten.

Vorteile für den Arbeitgeber:

  1. Für 800 Euro Nettolohn müsste der Arbeitgeber in Zukunft nicht mehr 1200 Euro Arbeitgeberbrutto erwirtschaften:
    800 Euro brutto sind 800 Euro netto!

Vorteile für den Arbeitsmarkt:

  1. Auf dem innerdeutschen Arbeitsmarkt würden reguläre Arbeitsverhältnisse nicht mehr gegenüber Mini- und Midijobs benachteiligt. Selbst Schwarzarbeit würde im Verhältnis zum Normalarbeitsverhältnis deutlich an Abgabenersparnis einbüßen und für Arbeitnehmer und Arbeitgeber keinen großen ökonomischen Sinn mehr machen. Auf dem internationalen Arbeitsmarkt würden deutsche Arbeitsverhältnisse generell an Konkurrenzfähigkeit gewinnen, da die Lohn(nebenkosten-)belastung für alle regulären Arbeitsverhältnisse deutlich reduziert wäre.

Diskussion:

Die Sozialversicherungsbeiträge werden heute formal von Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch, d.h. hälftig, gezahlt.
Eine Aufteilung der 400 Euro (die heute für 800 Euro Nettolohn zu zahlen sind), die nach der Freistellung des Existenzminimums dann nicht mehr zu zahlen sind, ist zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Sozialversicherungskassen in verschiedenen Relationen denkbar.
Beispiel: Der Arbeitnehmer hätte z.B. bei seinem heutigen Bruttolohn einen um 200 Euro höheren effektiven Nettolohn, während der Arbeitgeber gleichzeitig 100 Euro weniger Gesamt-Kosten pro Arbeitsplatz zu tragen hat - 100 Euro würden wie bisher in die Sozialkassen gezahlt werden. Die Gegenfinanzierung der Sozialkassenausfälle muss dann ökonomisch sinnvoll, sozial gerecht und dem Grundgesetz entsprechend erfolgen.


UWP Unabhängige Wählergemeinschaft Pankow

UWP, Februar 2010



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